Dienstag, 12. Januar 2010

Zahltag!

Das Tor birst auseinander und knallt an die Wand. Ein riesenhafter Schatten wird in den Raum geworfen. 
"Weiche, Kreatur des Bö.." weiter kommt der Geweihte nicht. Schon ist das Monstrum heran, packt in und mit lautem Matschen wird der Mensch emporgerissen und ihm der Kopf zerdrückt. Als hätte der Oger in etwas giftiges gebissen, wirft er den leblosen Körper in Richtung des Altares, auf dem hell leuchtend das ewige Licht des Tempels steht. Die Monstranz wird vom Körper umgerissen und auch die Weihrauchschalen verteilen sich über den Boden. Die Kreatur stampft, nachdem sie sich von dem brennenden Licht im Auge erholt hat nach vorne. Fressen! Sie riecht noch mehr der Kleinwüchsigen. Mit donnerndem Schritt kommt er näher ... 

"Herr! Es ist so weit!"
Draußen Blitz es hell und gleich läßt Rondra ihre himmlischen Pauken den Nachthimmel erzittern. Draußen ergießen sich Sinnflutartige Regenwehen vom Himmel. Praiothan sieht das Gesicht seines völlig durchnässten Adjutanten kurz vom gleißenden Licht des Blitzes erhellt. Draußen, vor dem Zelt, standen zwei Wachen der Rohalsgarde. Der Geweihte brauchte einen Augenblick um in der Wirklichkeit anzukommen, dann winkte er seinen Adjutanten stumm herein. Er wischte sich übers Gesicht und setzte sich auf.
"Praios zum Gruße," sagt er, "was wollen uns die Götter wohl sagen wollen, bei diesem Wetter das Unterfangen durchzuführen zu müssen?"
Sein Adjutant schiebt den Docht des Öllichts höher und bewirkt so mehr Licht im Zelt.
"Ja, der Launische hat wohl etwas dagegen," witzelt sein Adjutant, bemerkte aber dann schnell den strafenden Blick seines Herren. "Entschuldigt..."


Das Stampfen endete über ihm. Durch einen Schlitz sah der Junge das riesige Gesicht. Blut und Sabber liefen aus dem Maul des dümmlich dreinblickenden Ogers. Die gelblichen Augen suchten nach etwas. Dann sah er direkt auf das Podest, unter dem der Junge versteckt war. Kräftig zog der Oger die Luft ein und beugte sich schnaufend nach vorne. Er hatte Fährte aufgenommen. Der Junge erstarrte vor Angst, das Herz schlug ihm zum Hals und ein Knoten schnürte ihm den Hals zu. Unwillkürlich wich der Junge zurück und drückte die Hände gegen das Holz, als wolle er das Quaderschwere Monstrum von sich stemmen. Das Ungetüm schupperte, es hörte sich an als würde ein Bär sich genau vor dem kleinen Loch befinden. Der Junge riß die Augen auf, als das Gesicht des Ogers quasi genau vor seinem kleinen Guckloch vorbeizog. Er nässte sich ein, traute sich aber kein Wort zu sagen. Scheinbar roch der Oger jedoch was passiert war und plötzlich sah der Junge ein sich verengendes, riesiges, gelbes Auge vor dem Spalt... 

Er erhob seinen Stab mit dem gelben Bernstein, geformt wie ein Auge, über die Anwesenden. "Praios sieht in diesem Augenblick auf uns, seine guten Jünger. Möge ER uns alle segnen bei unserem Ansinnen den Hort dieses elenden Ketzers auszutilgen!"
"Spart Euch Eure Predigt!" schall es plötzlich vom Turm des düsteren Magiers, "Ihr hättet auf mich hören sollen, ich habe Euch gewarnt hier aufzutauchen! Das hier ist nicht Gareth, ihr seid auf verlorenem Posten."
Eine schwarzgewandete Person, bleich und schmal, stand auf einem hohen Balkon und verhöhnte die Anwesenden, als wäre ihm der Sieg sicher.
"Obwohl es mich wundert, dass ihr es bis hierher geschafft habt. Ihr kommt Euch schon vor wie einer der Sonnenpfaffen, hm? Nun, gleich werdet ihr jetzt wohl erfahren, dass die Götter hier keine Macht mehr haben... Ihr hättet Euch bei der Wahl eures Weges der Magie besser überlegen sollen, wer wirkliche MACHT besitzt!"
Bevor der Weißmagier etwas erwiedern konnte, stimmte der Magier einen düsteren Canon an und hob die Hände. Erst passierte nichts. Doch dann hörte man Stampfen..


Immer wieder schlugen die radgroßen Pranken des Ogers auf das Holz. Der Junge war von Panik erfüllt. In seinem Versteck unterhalb des Altarpodests war er gefangen. Bald würde der Oger ihm ebenfalls den Kopf zerdrücken. Er betete. Bitte, Herr Praios, strecke die Kreatur nieder. Bitte! Ich will leben. Ich werde Dir Dienen! BITTE! Die Pranke brach durchs Holz und grabschte nach dem Bein des Jungen. Flink packte die Kreatur die Beine und zog daran. Gerade als der Oger sein zappelndes schreiendes Opfer aus dem geschlagenen Loch heben wollte geschah jedoch etwas.

Durch die Tore des Turmes brach eine monströse Gestalt, eine Kreatur groß wie ein Oger. Es war ein Oger! Dunkeles Glühen funkelte aus seinen Augen. In diesen Augen stand der Tod! Der riesige Oger  blickte zur Gruppe des Weißmagiers. Panik machte sich breit. Praiothan führe wie der Anblick des Monsters die Moral seiner Truppe zunichte machen drohte. Dann zog der Feind seine Waffe, ein großes, für ihn hergestelltes Schwert.
"Töte sie, Zulak!" kreischte der Schwarzmagier und deutete befehlend auf Praiothans Gruppe. Der Oger lief los.

Der Oger kreischte und lies sein Opfer fallen. Der Junge hatte vom stahlharten Griff der Kreatur blaue Beine. Was hatte die Kreatur so erschreckt?Als das brüllen der Kreatur und seine grollenden Schritte verhallt waren, blieb nur noch der Geruch von Feuer. Der Junge reckte den Kopf aus seinem Versteck. Am Kopfende des Raumes stand eine riesige Flammenfigur: Die Kohle des Weihrachfasses hatte den Hochaltar mit der Praiosstatue entzündet. Nun sah diese aus wie ein Riese aus Feuer. Erschöpft sank der Junge zurück. Praios hatte ihn erhört. Aber war es wirklich das Feuer gewesen, was den Riesen erschreckt hatte? Ihm war so anders geworden, als das Ungetüm ihm ins Gesicht geblickt hatte. Als hätte er sich gewünscht, das Monstrum solle verschwinden und die Kreatur hätte ihm gehorcht... 

"Bleibt standhaft!" brüllte der Hauptmann der Wächter, seine Stimme hörte sich aber nicht wirklich sicher an. Einige warfen abwartende Blicke in Richtung des Magiers. Wie von einer alten Angst gelähmt stand der sonst so mutige Magus zur Säule erstarrt da. Die Nächststehenden hörten wie er gegen seine Lähmung kämpfte.
Ein Oger... oh ihr Götter!
Praiothan von Ysilia zitterte unwillkürlich, bis der Oger den ersten mutigen wegfegte der sich ihm in den Weg stellte. Dann bemerkte er, das er sich eingenässt hatte. Jahrelang hatte er versucht jene Nacht zu vergessen. Damals, Ysilia, der Zug der Oger, all das Sterben, Metzeln, Fressen. Alles kam hoch als er die hühnenhafte Kreatur vor sich sah. Auf das Gefühl der entsetzten Taubheit folgte Panik. Konnte er entkommen? Ein weiteres Mal? Das Gefühl der Ohnmacht ließ ihn einen Schritt zurücktaumeln. Ein Blitz zuckte vom Himmel, direkt über dem Gemetzel was in Sekundenschnelle entstanden war, donnerte es. Blut spritzte Praiothan ins Gesicht. Blut seiner Gefährten. Unwirkliche Taubheit. Dann sah der Magier den mahnenden Blick des Bernsteinauges auf seinem Stab. Er hatte gelobt diesen Ketzer zu jagen. Wie Gluthitze brannte sich die Wut auf den Schwarzmagier aus seiner Brust den Arm hinauf und entlud sich in einer gewaltigen Flammenlanze - "IGNIFAXIUS!" Nie wieder! Heute gab es nur den Kampf - es war Zahltag


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