Samstag, 26. September 2009

Selkouni

Selkouni seufzte und schob seine spitze Nase über den Fenstersims. Ein Blumenkasten würde ihn vor den Blicken der Menschen schützen und so kletterte er auf den Sims und versteckte sich hinter dem Blumenkasten.  Niemand konnte seine Schritte hören, denn seine Koboldschuhe verschluckten jedes Geräusch. Den Blumenkasten als Deckung nutzend, lugte er um die Ecke ins Zimmer. Zum Glück war das Fenster offen, das Schweizer Messer mit den vielen Werkzeugen auf seinem Rücken würde er vorher also gar nicht brauchen.  Er grinste über beide Bäckchen. Der Erlkönig würde sehr erfreut sein, wenn Sekouni mit dem Schatz in die Feenwelt zurückkehrte. Die Menschen hatten ihn nicht mehr verdient, sie hatten die Verbindung zur Welt der Feen verloren. Sie kannten nur noch Formeln und Wissenschaften, hatten kein Gefühl mehr für Träume und Feen. Selkouni zog seine Brille auf die spitze Nase. Links hatte die Brille ein Rubinglas, während rechts ein Prisma im Mondlicht schimmerte. Der Kobold blickte in den Raum und ihm klappte der Unterkiefer herunter. Der Schatz lag mitten im Raum auf dem Tisch! In der Brille sah man die Magie um den Schatz wie Sterne funkeln. Was für ein Glück, wie auf dem Präsentierteller! Als der Kobold erkannte, dass niemand Menschliches im Raum war, stellte er sich breitbeinig mit zufriedenem Grinsen im Gesicht auf den Fenstersims. Denen werd ich’s zeigen, den Schatz nicht zu bewachen! Selbstzufrieden schob er die Brille auf den Kopf. Kobolde waren nicht umsonst für ihre Geschicklichkeit berühmt… - Deshalb hatte er das Privileg bekommen, den Schatz zu bergen.  Er zog den kleinen Rucksack, vom Rücken und hob sein Werkzeug, das Schweizer Messer, heraus. Obwohl es so lang war wie sein Arm, mit diesem Gegenstand hatten die Menschen endlich etwas Nützliches erfunden. Dann zog sein Seil heraus. Den Enterhaken, der an dem Seil baumelte, hatte er damals aus einem Teelöffel geschmiedet und er hatte ihm schon viele nützliche Dienste erwiesen. Er steckte sein Werkzeug wieder ein und stellte sich an die Kante des Simses. Von dort schleuderte er den Haken durch den Raum und über den Tisch, wo dieser sich sofort einhakte. Natürlich hatte Selkouni mit ein wenig Koboldzauberei nachgeholfen. Er verband das andere Ende an einer Metallöse am Fenster, wo man das selbiges schließen konnte. Nachdem der Kobold kurz die Stabilität getestet hatte, tänzelte er über das Seil Richtung Tisch. Der Schatz würde sein werden! Nein, natürlich nicht – eher der des Erlkönigs! Flink hatte er den Tisch erreicht. Der Schatz lag in der Mitte des Tisches in einer Schale, die wohl zur Verzierung diente. Selkouni huschte hinüber  zu der Schale und langte nach dem Schatz. Als seine langen Finger den Gegenstand berührten, spürte er die Magie förmlich fließen. Das war es, ein Teil des Gewandes des Erlkönigs. Eine alte Gürtelschließe aus der Zeit, als die Menschen noch an Magie geglaubt hatten. Damals hatte der Erlkönig die Schnalle an einen Menschen gegeben, um ihn zu belohnen. Doch diese Zeit war lange um, der Mann tod, und er hatte den  Schatz, wie es Brauch war, nicht zurück gegeben. Er steckte den Gegenstand in seinen Rucksack. Plötzlich ruckte seine Nase. Das untrübliche Zeichen dafür, das etwas mächtig schief ging. Mit einem lauten Pling schlug sein Enterhaken auf den Steinboden. Bei den Nymphen! Eine Katze! Katzen hassen Kobolde. Kobolde hassen Katzen. Wäre er bloß ein Elb! Das Mistvieh hatte sich auf ihren Samtpfoten  genähert und war auf den Tisch gesprungen. Er zog das Schweizer Messer und wich zurück. „Braves Kätzchen.. ganz braaaav….“ versuchte der Kobold das langsam herannahende Ungetüm zu beruhigen. Zuerst schien es zu gelingen, er hätte das Unmögliche fast für möglich gehalten. Dann aber fauchte das Untier wild bückte sich zum sprung und stürzte auf ihn zu, bevor er sein Messer aufklappen konnte. Blitzschnell langte Selkouni nach unten und trieb dem piefigen Kater gerade noch so mit seiner freien Hand einen Gegenstand ins Gesicht, den er dabei in die Finger bekommen hatte. Die Katze jaulte entsetzt auf, als der Gegenstand sie traf und wich zurück. Volltreffer! Selkouni hatten  unwillentlich einen Kraftzauber ausgelöst, den der Elfenkönig zur Unterstüzung auf ihn gesprochen hatte. Der Kraftzauber in Kombination mit dem Gegenstand hatte die Bestie scheinbar für einige Zeit benommen gemacht. Kurz erhaschte Selkouni einen Blick auf den Gegenstand, den er hochgehoben hatte. In seiner Hand lag ein runder Deckel einer Dose. „Erdnusskönig“ prangte in bunten Lettern auf dem Deckel. Ach der Ernusskönig wohnte hier! Ob er wohl Böse sein würde, wenn er morgen seine verbeulte Dosen finden würde? Der Deckel, den Selkouni der Katze übergezogen hatte war nun zerbeult und das Bild des Erdnusskönigs sah dadurch etwas zerknauscht aus, so als ob dieser die Situation beobachtet hätte und nun sauer das Gesicht verzöge. Jedenfalls war der Erdnusskönig auch nicht unschuldig, wenn er sich eine Katze hielt! Normalerweise taten das nur Hexen. Und das um Kobolde abzuschrecken die sich etwas ausleihen wollten! Pah, das hatte es nun davon. Im geheimen dankte Selkouni dem Erdnusskönig für den Deckel und erkannte das Problem: Er hatte seinen Rückweg verloren.  Der Tiger war ihm durchs Fenster gefolgt und hatte scheinbar das Seil dabei zerstört. Verflixt und zugenäht! Wie sollte er nun wieder das Fenster hoch kommen. Der Kobold warf einen Blick durch den Raum und überlegte. Wenn die Menschen hier auftauchten würde er ein echtes Problem haben. Sie würden ihn einfangen und ihn zum Hauskobold machen können! Nein, da hatte er nun wirklich keine Lust drauf, beschloss der Kobold. Er kratzte sich am Kopf. Als er den Ventilator im Raum sah, erkannte er den Weg in die Freiheit. Selkouni rutschte am Tischbein herab und lief zu dem Ventilator. Er rümpfte die Nase und hob sein Seil auf. Die Dämliche Katze hatte ganze Arbeit geleistet, das Seil war genau in der Mitte zerrissen. Zu wenig um zum Fenstersims hoch zu kommen. Dann huschte der Kobold zum Ventilator. Na, wenn das mal gut geht, dachte er noch und griff in seine Tasche. Er zog einen Quik hervor. Am liebsten hätte er auf die Anwendung seines letzten Quiks verzichtet. Ein Mensch hätte vermutlich nur eine Bohne gesehen, aber in Wahrheit war ein Quik natürlich etwas wahrlich Beeindruckendes. Innerhalb weniger Sekunden würde der Quik, einmal mit Wasser befeuchtet, ganz schnell wachsen  und zu einer Pflanze werden, die mehrere Meter in den Himmel aufragen konnte. Dummerweise brauchte man, um das Wachstum eines Quiks zu kontrollieren eines: Wind! Der Quik würde innerhalb weniger Minuten in Richtung des Windstromes wachsen und Selkouni hoffte, es würde ihm mit Hilfe des Ventilators gelingen, das Wachstum in Richtung des Fensters zu steuern. So richtete er den Ventilator aufs Fenster und drückte auf den AN-Knopf. Daraufhin legte er den Quik auf den Boden und spuckte drauf. Erst passierte gar nichts, aber plötzlich hüpfte die Bohne ein wenig auf ihrem Platz, bevor sie rasant zu wachsen begann. Selkouni beobachtete den Quik beim wachsen und hoffte, sein Plan würde aufgehen. Gerade als sich sein Plan zu verwirklichen Schien, tauchte ein verdrießlich drein blickender Schatten auf: Das Mistvieh war wieder wach geworden und funkelte den Kobold zornig heroben vom Tisch aus an. Dann machte der Kater einen Satz und fauchte wild. Er schoss auf den Kobold zu. Die Pflanze war noch nicht groß genug. Es blieb nur eine Chance: Selkouni griff an die Elbenschnalle und krakelte ihm seinen Zauberspruch entgegen: „Perpetuum Mobile!“ Obwohl sich Kobolde oft übergeben müssen, wenn sie Elbenmagie benutzen, was Selkouni promt auch tat, tat der Zauber sein übriges: Der Kater wurde in die Luft geschleudert und drehte sich in wildem Tanz. Wie verrückt kreischte die Katze laut auf. Selkouni konnte in dem Wirbel ab und zu die ängstlichen Augen des Katers erkennen. Der Zauber würde erst enden, wenn ein Mensch den Raum betrat oder die Sonne auf ging. Bis dahin würde die Katze in endlosem Wirbelwind durch die Luft tanzen. Fast hätte der Kobold Mitleid gehabt – wenn es halt keine Katze gewesen wäre! Kurz entschlossen setzte er den Fuß auf die Pflanze und kletterte zum Fenster hinauf. Als er die den Sims erreichte, wurde die Pflanze schon braun. Der große Nachteil an Quiks ist, sie wachsen zwar wie der Wind, aber sterben auch schnell wieder ab und zerfallen zu Humus. Zufrieden hüpfte der Kobold ins Gras und ließ, die Gürtelschnalle in der Hand wiegend, das Zimmer hinter sich. Er hatte zwar Spuren hinterlassen, aber - so wie das mit Kobolden halt ist. Ein bisschen Verlust ist immer!

1 Kommentar:

Maleks hat gesagt…

Diese Geschichte resultiert auf einer Wette eine Geschichte mit den FETT gedruckten Wörtern zu schreiben.